Hilfe wir platzen! Berliner Ganztagsschulen sind zu klein

Es ist eng an Berliner Ganztagsschulen.  Bei ihrer Einführung vor rund 10 Jahren wurde der Bedarf massiv unterschätzt. Die Folge sind erhebliche Platzprobleme. Gegen alle Prognosen bekommen die Berliner nun auch noch mehr Kinder, außerdem muss der Senat auch für Neuankömmlinge aus Kriegsgebieten das Recht auf Bildung gewährleisten.

Die Grundschule an der Victoriastadt platzt (wie viele andere auch) aus den Nähten. Und den Eltern der Kragen:

 

Hilfe wir platzen! Zum Essen in die Aula …

…so der Plan des Bezirks Lichtenberg für die Grundschule an der Victoriastadt. Statt wie früher zwei werden inzwischen fünf, sechs und bald wohl sieben Klassen pro Jahr im kinderreichen Stadtteil Rummelsburg eingeschult. Die Kapazitätsobergrenze von 540 Schüler_innen (derzeit 420) wird wohl im kommenden Schuljahr erreicht. Das führt neben zahlreichen anderen Problemen, die aus der angeordneten Verdichtung erwachsen (Turnhallenbelegung, größere Klassen, Doppelbelegung der Räume, beengter Schulhof etc.), zu starken Engpässen beim Mittagessen.

Die Kantine im Keller
Die Kantine im Keller

Mit viel gutem Willen finden in der engen Kellerkantine (siehe Foto) 80 Kinder Platz, wenngleich dies dann kein Ort ist für eine gemütliche Mahlzeit. Bis zum letzten Schuljahr reichte das noch, aber mit diesem Schuljahr musste eine schnelle neue Lösung gefunden werden. Und da waren sie da, die ersten Auswirkungen der Verdichtung. Um allen Schüler_innen Zeit und Raum zum Mittagessen zu geben, wurde der Unterricht auf 7:45 Uhr vorverlegt. Ab dem nächsten Schuljahr reicht aber auch das nicht mehr, denn dann müssten unsere Kinder ab 11 Uhr im Viertelstundentakt ihr Mittagessen runterschlingen. Also begannen wir unseren Protest. Schließlich steht im Schulentwicklungsplan, dass mit 750 Schüler_innen in diesem Einzugsgebiet binnen der nächsten 3 Jahre zu rechnen ist. Eine spontane Demo mit 200 Teilnehmenden im Vorfeld einer BVV-Sitzung und einige Artikel in der Presse waren Anstoß für eine bis heute andauernde Diskussion.

Welche Lösung also schlug das Schulamt vor? Die Aula zur Kantine umbauen! Und es wurde Druck aufgebaut. Die Schulkonferenz müsse diesem sofort zustimmen. Wir rechneten hoch und runter, wir wollten unsere Aula nicht einfach so aufgeben und wir wollten die konkreten Pläne dargelegt bekommen: Wie soll dies geschehen und wann und welche Konsequenzen hat das für den Schulablauf? So stimmten wir dagegen, weil es keine Antworten darauf gab. Auch nicht auf die Frage, ob es nicht doch noch eine andere Lösung geben kann. Und wir zweifelten und fragen uns bis heute, wie es so weit kommen konnte?! Das Schulamt argumentiert, Eltern hätten nun den rechtzeitigen Umbau der Aula verhindert. Doch dieser Vorwurf soll nur die viel zu spät einsetzende Planung zur längst überfälligen Weiterentwicklung des Schulstandortes verschleiern.

Die Aula
Die Aula

Und ganz ehrlich: Vor dem massiven Druck der Eltern seit diesem Frühjahr passierte jahrelang nichts, um dieser Situation vorzubeugen. Nun muss auch noch das Einzugsgebiet zum Schuljahr 2017/18 verändert werden (was im Falle einer langfristigen Planung nicht erforderlich gewesen wäre). Das wird Geschwisterkinder künftig trennen und die Schulwege vieler Kinder um bis zu 1km verlängern. All diese Maßnahmen wirken doch eher verzweifelt als planungssicher.

Aber zurück zur Aula.

Immer wieder werden wir gefragt, warum wir uns denn nur so aufregen? Ja, warum? Die Lösung Aulaumbau ist aus unserer Sicht kurzsichtig und Flickschusterei. Alle anderen Platzprobleme (Turnhalle, Schulhof, Doppelbelegung der Räume) können damit doch nicht gelöst werden. Wir brauchen wie ein Großteil aller Schulen einen Raum der für unterschiedlichste Aktivitäten genutzt werden kann. Dies ist doch für unsere Kinder umso wichtiger, wenn Räume immer knapper werden und voller. Mit Sicherheit würde dieser sonnendurchflutete Ort dem Mittagsmahl eine ehrwürdigere Atmosphäre einhauchen, aber eben auch dem lebendigen Schul-Leben zu einem großen Anteil nachhaltig das Leben aus (Bewegungsraum, Musikunterricht, Theater-AG, Aufführungen, Tage der offenen Tür etc.). Und das wollen wir nicht akzeptieren.

Doch der Umbau bleibt „alternativlos“. Unsere Argumente wiegen nicht schwer genug. Laut Schulamt stünde doch die Aula sowieso meistens leer. Der von uns vorgelegte Belegungsplan offenbart da anderes, fällt aber auch nicht mehr ins Gewicht. Also erarbeiteten wir mit Architekt_innen eine Alternative und forderten einen multifunktionalen dem Kiez geöffneten Neubau im nahen Schulumfeld, der eine Mensa, eine Turnhalle und weitere Räume beinhaltet. Sogar eine anteilige Drittmittelfinanzierung über die Einwerbung von Spendengeldern boten wir an. Doch so groß unsere Hoffnung auch war, dieser aus unserer Sicht immer noch nachhaltigste Vorschlag wurde ganz schnell abgeschmettert: Aufgrund der finanziellen Gegebenheiten und der fehlenden bezirkseigenen Flächen ist dies angeblich undenkbar. Dafür müssten wir doch Verständnis aufbringen und endlich Ruhe geben.

Aber liebe Politiker_innen, fehlt es nicht weniger an Geld und Flächen als an Mut und Willen?

Was bleibt uns als Eltern? Wir stehen mit dem Rücken an der Wand! Die „Kröte“ mit der Aula müssen wir wohl schlucken… „alternativlos“, um ab dem kommenden Schuljahr den Schüler_innen Zeit geben zu können für ihr Mittagessen.

ABER – selbst wenn dies nun unaufhaltbar zu sein scheint, liebe Politiker_innen, liebe Verantwortlichen im Schulamt, liebe Frau Stadträtin, sind alle anderen Probleme noch da!

Und wir werden weiter machen, wir haben gerade erst angefangen!

Für unseren Schulstandort fordern wir eine Schulhoferweiterung um die angrenzende Grünfläche wie auch einen Neubau im nahen Umfeld der Schule, der eine Mensa beinhaltet, eine Turnhalle und Klassenräume!

Schuldemo der Grundschule an der Viktoriastadt.Berlin, 09.07.2015
Schuldemo der Grundschule an der Viktoriastadt.Berlin, 09.07.2015

Für Rummelsburg fordern wir den längst überfälligen Neubau einer Grundschule, der dem Label eines „familiengerechten Bezirks“ gerecht wird.

Berlinweit fordern wir:

  1. Eine solide finanzielle Ausstattung der Schulen: für Räume, aber auch für ausgebildetes pädagogisches Personal!
  2. Den Neubau von Schulen, die den Anforderungen der wachsenden Stadt gerecht werden!
  3. Die Aufstockung der zur Verfügung stehenden Mittel für die Sanierung bestehender Schulen um mindestens das Vierfache! Der Sanierungsstau in Höhe von 2 Milliarden Euro muss endlich aufgelöst werden!
  4. Den Ausbau der notwendigen Infrastrukturen von bestehenden Schulen mit Mensen, Turnhallen und Freiflächen bei zunehmender Verdichtung!

Wir bleiben laut und so viel ist sicher – wir werden lauter und täglich mehr, die sich all das nicht mehr bieten lassen. Freuen Sie sich mit uns auf ein spannendes Jahr 2016, in dem Sie ganz sicher an unterschiedlichen Stellen von uns hören werden!

Einen besinnlichen Advent,

Claudia Engelmann (GEV Vorsitzende und Vorsitzende des BEA Schule Lichtenberg) und Stephanie Lücke (EV)