Dem Berliner Senat liegt in Wirklichkeit nichts an dem Ziel, die Schulen der Stadt in absehbarer Zeit zu sanieren, sagt Martin Delius, Vorsitzender der Piratenfraktion im Abgeordnetenhaus.
Eine Anhörung zum Thema sei nicht durchsetzbar, eine Bestandsaufnahme dauere viel zu lange. Die eingerichtete AG Statuserhebung sei so aufgestellt, dass ihre Ergebnisse weder in die Haushalts- noch in die Schulentwicklungsplanung einbezogen werden können.
Martin Delius ist bildungspolitischer Sprecher der Piratenfraktion im Berliner Abgeordnetenhaus. Der gebürtige Hallenser ist studierter Physiker und arbeitete bis zu seinem Einzug ins Parlament 2011 als Softwareentwickler.
Eine weitere Kandidatur hat der Vater einer kleinen Tochter Presseberichten zufolge ausgeschlossen. Nach den Wahlen im September wird er also dem Parlament nicht mehr angehören.
Fragen an Martin Delius sind dennoch erwünscht. Hier! Wir freuen uns auf Ihre Kommentare.
Gute Bildung kostet! Keine kaputten Schulen mehr für Berlin!
Der seit Jahrzehnten gewachsene Sanierungsstau an Berliner Schulen ist eine einzige bildungs- und haushaltspolitische Katastrophe. Seit Anfang des Jahres, seit dem Ende des letzten „Adventskalenders“ über einstürzende Schulbauten, versuchen wir eine Anhörung im Bildungsausschuss zum Sanierungsstau an Berliner Schulen durchzuführen. Ohne Erfolg.
Stattdessen gibt es die AG „Statuserhebung“ beim Senat, die bis 2016 (!) den tatsächlichen Sanierungsstau jeder Schule in jedem Bezirk zu ermitteln hat und Vorschläge zum Abbau des Sanierungsstaus vorlegen soll. Dann, wenn die Haushaltsberatungen für die kommenden zwei Jahre längst abgeschlossen sind. In der Schulentwicklungsplanung für die nächsten 5 Jahre kommt die AG allerdings nicht vor.
Um den selbst prognostizierten Bedarf an 46.000 zusätzlichen Schulplätzen zu decken, setzt der Senat auf Modulbauten, statt auf Erweiterung und Neubau. Diese Provisorien sind eine pädagogische Kleingeistigkeit, die den Bedarfen nicht gerecht wird. Das sehen wir an der Clay-Schule in Neukölln. Dort stehen bereits seit 25 Jahren provisorische Modulbauten.
Die inklusiven Bau- und Sanierungsbedarfe im Sinne des Artikels 24 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen dürfen nicht vergessen werden. 220 Mio. Euro wären mindestens nötig, um einen kleinen Schritt auf dem Weg in die inklusive Schule zu gehen, um z.B. Rampen und Fahrstühle in den 338 Schulen zu bauen. Bezeichnend ist, dass solche Baumaßnahmen sogar in den geplanten inklusiven Schwerpunktschulen nur „bei Bedarf“ geplant werden sollen.
Berlin braucht dringend – wie in Hamburg – einen Landesbetrieb Schulbau. Mit solch einem Landesbetrieb wäre es möglich, regelmäßig und transparent einen mit den bezirklichen Schulentwicklungsplänen abgestimmten Bedarfs- und Umsetzungsplan für den Abbau des Sanierungsstaus zu erstellen. Der Senat gibt an, das Berliner Facility Management-System hätte sich bewährt. Dass das nicht stimmen kann, zeigt sich allein dadurch, dass erst durch Anfragen von Abgeordneten ersichtlich wird, wie hoch der Sanierungsstau überhaupt ist. Ohne meine Anfrage hätte der Senat die Bezirke nicht einmal nach aktuellen Zahlen gefragt. Ohne meine Anfrage gäbe es wahrscheinlich auch bis heute keine AG Statuserhebung. Traurig.
Martin Delius