1. Dezember | Fichtenberg-Gymnasium: Ein Schulhaus zerbröselt

Die Fichtenberg-Oberschule ist ein sicheres Gebäude. Hier passiert einem nix. Echt.

Das Bezirksamt kümmert sich rührend: Wenn die Fassade bröckelt wird ein Schutzzaun aufgestellt. Wenn es reinregnet wird freundlich der Lappen gereicht. Fenster, die herausfallen könnten, werden fixiert. Wenn man irgendwo nicht hin darf weil es gefährlich werden könnte, gibt es viele Hinweisschilder, dass es keine gute Idee ist, hier entlang zu gehen.

Warnschild am Fichteberg Gymnasium
Warnschild am Fichteberg Gymnasium

Irgendwie regt manche das auf.

Seit Jahren reden Eltern, Schüler und Lehrkräfte wie gegen eine Wand. Ihre Bitten und Mahnungen haben wenig gebracht. Ihr Schulhaus zerfällt unter ihren Händen.  Sie  gehen derzeit abwechselnd zur BVV (Bezirksverordnetenversammlung) , zum Bezirksbürgermeister Kopp, zum Baustadtrat Karnetzki und zum Bauamt. Gemeinsam prangern sie die dramatischen Zustände an ihrer Schule an und berichten:

•       10 sehbehinderte Schüler und Schülerinnen können zur Zeit nicht allein die Schule betreten, weil es keine barierrefreien Zugänge gibt.
•       Die Aula musste gesperrt werden wegen Feinstaubbelastung.
•       Es gibt nur noch zwei Eingänge und niemand mag über den Brandschutz nachdenken.
•       Der Kunst-Werkraum darf auch nicht mehr benutzt werden (Feinstaubbelastung), daher gibt es jetzt nur noch Kunstunterricht in den Klassenräumen, der Kunst-LK arbeitet in einem kleinen Raum neben der Mensa.

Ein Einwohnerantrag wurde vorbereitet. Dieser ist verbindlich und muss in der BVV behandelt werden, wenn mindestens 1.000 gültige Unterschriften von wahlberechtigten Bürgern (Mindestalter 16 Jahre) aus dem Stadtbezirk unter dem Einwohnerantrag stehen. Er kann beispielsweise in der Schule unterzeichnet werden, dort gibt es auch Unterschriftslisten.

Natürlich werden wieder Briefe geschrieben. Die Botschaft: Helft uns!!!

My beautiful picture
Die Fassade wurde großflächig abgeschlagen

Eines der Schreiben hat uns bereits erreicht. Voilá:

Sehr geehrte Damen und Herren,                            ,

ich bin Mutter einer Schülerin der Fichtenberg-Oberschule. Die Schule mit über 700 Schülern ist seit über drei Jahrzehnten auch überregional bekannt für ihre erfolgreiche Arbeit als Integrationsschule für blinde und sehbehinderte Schüler/innen und ist berlinweit das bekannte Gymnasium, an dem blinde und sehbehinderte Schüler/innen das Abitur ablegen können. Die Fichtenberg-Oberschule hat sich darüber hinaus als Schwerpunktschule beworben. Bei der Schulinspektion im vergangenen Schuljahr wurden die pädagogische Arbeit des Kollegiums sowie das Schulklima durch die Evaluatoren sehr positiv hervorgehoben.

Um die ganze Schule herum steht ein Zaun
Um die ganze Schule herum steht ein Zaun

Ich wende mich heute mit einer dringenden Bitte an Sie: Wie viele Schulen in Steglitz-Zehlendorf steht das Gebäude der Fichtenberg-OS an der Rothenburgstraße unter Denkmalschutz. Der bauliche Zustand weist inzwischen aufgrund langjährig ausgebliebener Sanierungsmaßnahmen erhebliche Mängel auf. Diese betreffen vor allem Fenster, Dach und Fassade. Schon seit Jahren machen wir Eltern und die Schulleitung auf diesen Missstand aufmerksam – bislang leider ohne nennenswerten Erfolg.

Nachdem der stark abbröckelnde Putz ein erhebliches Unfallrisiko für alle Besucher der Schule darstellte, wurde in den Herbstferien der Putz großflächig abgeschlagen und das gesamte Gebäude mit einem Bauzaun eingezäunt, ohne im Vorfeld die Schulleitung über den Zeitpunkt und den Umfang dieser Maßnahme informiert zu haben. Nun stellt sich heraus, dass die Bauzäune nicht barrierefrei sind und somit eine Unfallgefahr für die sehbehinderten und blinden Schüler/innen sowie Mitarbeiter/innen darstellen. Dieser Missstand widerspricht der UN-Behindertenrechtskonvention, in der ausdrücklich Barrierefreiheit gefordert wird.

Anblick vom Hof aus
Anblick vom Hof aus

Zudem hat das Abschlagen des Putzes zu einer spürbaren Belastung durch Feinstaub geführt, der auch durch die geschlossenen Fenster eindringt, da diese an vielen Stellen morsch sind.
Darüber hinaus ist schon seit langem bekannt, dass das Schuldach einer dringenden Sanierung bedarf. – z.B. dringt Regenwasser immer wieder in die Aula ein. Hier rächt sich, dass an dem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude jahrelang keine Instandhaltungsmaßnahmen vorgenommen wurden. Die Gebäudesubstanz erleidet ohne Putz, mit morschen Fenstern und einem maroden Dach bei den zu erwartenden feucht-frostigen Witterungsbedingungen einen bleibenden Schaden.

Soll das Gebäude vollkommen zur Bauruine verkommen? Baufällige Schulen stellen keine positive Lernumgebung dar und vermitteln den Schüler/innen nicht, dass sie die Zukunft eines reichen Landes sind und alles getan wird, um jede/n einzelne/n von ihnen zu fördern.

Lehrer/innen, Schüler/innen und Eltern wünschen sich eine schnellstmögliche Veränderung dieser Missstände. Daher möchten wir heute von Ihnen wissen, wie Sie uns in dieser Angelegenheit unterstützen können. Was können Sie dafür tun, diesen Zustand so schnell wie möglich zu beheben?

Mit freundlichen Grüßen verbleibe ich mit der Bitte um Antwort

Nicole Bartsch-Neumann
Elternsprecherin

Ein Fenster des Fichte-Gymnasiums aus dem Adventskalender 2010.
Ein Fenster des Fichte-Gymnasiums aus dem Adventskalender 2010.