Sandra, ihnen schmeckt’s nicht!

Das Essen an Oberschulen ist das Thema unseres heutigen 23. Türchens des Adventskalenders des BEA Steglitz-Zehlendorf zur Lage der Berliner Schulen.

Eine Arbeitsgruppe unter der Leitung der Senatsverwaltung fing an zu arbeiten, beriet sich mehrmals und dachte über erste Schritte nach. Doch nach einer Abfrage in den Schulen kam der Prozess ins Stocken. Die Eltern wollen nun bald die bisherigen guten Gespräche  wieder aufnehmen. Denn was die Mahlzeiten für Oberschüler angeht, liegt ihrer Meinung nach Vieles im Argen.

Frau Scheeres, übernehmen Sie!

Mit Elan starteten die Elternvertreterinnen der AG Oberschulessen des LEA Berlin im September 2014, um auch im Bereich des Oberschulessen wahrnehmbare Verbesserungen zu erreichen nachdem dieses im Bereich des Grundschulessens gelungen war. Eingeladen hatte die Senatsverwaltung (SenBJW) zu einer Fach AG zur Neuordnung des Schulessens an weiterführenden Schulen.

Erste Sitzung, erste Setzungen

In der ersten Sitzung der AG wurde der grobe Rahmen umrissen, die Essentials zusammen getragen. Eine Erhebung der Ausgangssituation erschien uns wichtig. Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung hatte diese begonnen. Waren an allen betroffenen Schulen Mensen als auch Küchen vorhanden? Ausreichend ausgestattet? Größe der Schulen, Anzahl der Esser? Die Ergebnisse sollten in den folgenden Wochen ev. auch Monaten eintreffen und in die Arbeit der AG einfließen.

Weiter interessierte, warum insbesondere ältere Oberschüler vom gemeinsamen Schulessen fernblieben. Entsprach das Angebot nicht mehr ihren Wünschen? Fehlte eine finanzielle Unterstützung? War die Zeit zum Essen zu knapp bemessen? Gab es andere Gründe?

Um dies beantworten zu können, wollten wir Schüler und Schülerinnen beteiligen. Denn wie kann eine Reform gelingen, wenn die Hauptakteure nicht eingebunden werden? Wichtige Hinweise würden verloren sein!

Auch das Lehrpersonal und die Schulleitungen als Verantwortliche gehörten für uns dazu. Für alle anderen Vertreter war das nicht selbstverständlich. Die Caterer hingegen waren gleich in der ersten Runde dabei und brachten immer wieder ihre Wünsche ein.

Konzessionsvergabe und vorgeschalteter Abfragebogen

Entschieden wurde eine Konzessionsvergabe zu erarbeiten, die den einzelnen Schulen einen großen Freiraum ließe. Vorgeschaltet werden sollte ein Abfragebogen, welcher die Wünsche, Bedürfnisse und Besonderheiten der Schulen abrief, welche wiederum der Caterer zu berücksichtigen hatte. Dies war für uns ein lobenswerter Ansatz.

Untergrenzen für Caterer

Schnell stellten sich jedoch Untergrenzen von ca. 80-100 Essensteilnehmern heraus, ab denen Caterer bereit waren, ein Angebot abzugeben. Unsere Frage, wie die Versorgung von Schulen jenseits dieser Grenzen gewährleistet werden könnte, blieb unbeantwortet. Schulessen nur bei genügend Teilnehmern in finanzstarken Einzugsbereichen? Oder bei überwiegend von BuT Berechtigen besuchten Schulen? Die Preiserhöhung auf 3,50 € galt als gesetzt, ein Sonderfonds wie im Grundschulbereich für die Unterstützung von knapp über BuT liegenden Familien – oft Alleinerziehende mit ein oder mehr Kindern – wurde als nicht umsetzbar abgelehnt. Eine Reform analog dem Hamburger Modell mit wenigen Unterstützungsstufen als politisch nicht machbar von der Verwaltung zurückgewiesen.

Mögliche Verlierer der angedachten Reform

Damit war klar, dass Schulen mit wenig Essensteilnehmern als auch Familien knapp über BuT liegend, zu den Verlierern einer Neuausrichtung des Oberschulessens gehören würden. Für sie würde es einfach kein warmes Schulessen geben. Kaum einer setzte sich für diese Gruppe ein.

Einfluss der Vernetzungsstelle Schulverpflegung

Die Vernetzungsstelle Schulverpflegung sorgte im Ringen zur Neuausschreibung dafür, dass die DGE Standards fast im gesamten Bereich der Schulverpflegung verpflichtend zum Tragen kommen und kaum Ausnahmen zugelassen werden sollten. Wie würden die Schüler und Schülerinnen damit umgehen, fragten wir uns immer wieder.

Wünsche der Schüler

Berliner Schülervertreter haben wir inzwischen getroffen, uns rege ausgetauscht. Für sie ist es u.a. wichtig, im Cafeteriabereich auf ein gemischtes Angebot von DGE konformen zu nicht-konformen Angeboten zu stoßen, um frei entscheiden zu können. Ansonsten gehen sie davon aus, das ein Großteil der Schüler mit den Füßen abstimmen und sich wie bisher in der näheren Umgebung versorgen wird – auch einmal mit junkfood. Wir finden, ein Verlust für den gesamten Mensa- und Cafeteriabereich.

Fehlendes Fundament – welcher Grund dafür?

Bis heute warten wir auf die Abfrage, gestartet von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung. Was bewog wen auch immer dazu, diese nicht zu beenden bzw. nicht zu veröffentlichen? In den Arbeitsrunden teilten immer wieder einzelne Bezirksvertreter mit, dass sie die entsprechenden Daten übermittelt hätten. Warum werden diese nicht freigegeben? Sollte es vielleicht zu viele nicht vorhandene, zu kleine oder sanierungsbedürftige Mensen und Küchen geben? Buchstäblich zu viele Baustellen für die Verantwortlichen?

Lösungen bei zu geringen Essensteilnehmerzahlen oder fehlenden Räumen – ein Vorschlag …

Gäbe es keine Räume und/oder zu wenig Esser, wäre folgender Vorschlag sicher hilfreich: Verteilung von kostenlosen Snackboxen an die Schüler, welche jeden morgen von den Eltern kreativ nach DGE Standards gefüllt werden. Auf der Seite der Vernetzungsstelle zu finden dazu sind altersgerechte Anregungen. Jede Woche steuert die Senatsverwaltung das Rezept der Woche (auch einmal von Senatoren) bei. Dazu werden in den Schulen Sitzkissen für die kühlen Treppenstufen verteilt, so dass für eine behagliche Atmosphäre während des Essens gesorgt ist.

Eine Lösung mit geringen bis keinen Auswirkungen auf den Landes- oder Bezirkshaushalt. Alle wären zufrieden! Alle?

Modulare Ergänzungsbauten und Aufstockung der Schülerzahlen

Zur Verschärfung der Situation an den Schulen kommt inzwischen die Verdichtung durch mobile Ergänzungsbauten mit der damit einhergehenden Aufstockung der Schülerzahlen.

Das bei diesen Maßnahmen auch Mensen u.a. Räumlichkeiten ergänzt werden müssten, wird übersehen. Fehlender Raum muss mit einem früheren Beginn der Mittagsbänder ausgeglichen werden. Manchmal reicht auch das nicht. Hinschauen möchten die Verantwortlichen nicht so genau.

Was wäre wenn solide am Problem gearbeitet würde?

Dann würde die Abfrage fertig gestellt und als Grundlage der weiteren Arbeit genommen. Die sich zeigenden Probleme würden geclustert. Mit allen gemeinsam festgelegt, welche Felder kurz-, mittel- oder langfristig behoben werden sollten. Dies im Abgleich mit den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln und evt. weiteren Unterstützungsmöglichkeiten. Es würde solange mit Herz und Verstand gearbeitet, bis es gelänge, die Umsetzung der Neuordnung des Oberschulessens auch auf der untersten Ebene ankommen zu lassen: den Tellern und Mägen aller Schüler und Schülerinnen!

Zukunftsvisionen gewünscht?

Im Augenblick besteht die Chance, bei den anstehenden Schulneubauten dafür zu sorgen, dass funktionierende Küchen und Mensen eingeplant werden, die in der Lage sind, sowohl die eigene Schülerschaft als auch ein oder zwei kleinere Nachbarschulen mitzuversorgen (Private Schulen machen dies heute schon vor!). In der Umgebung lebende Singles und Senioren könnten ebenso davon profitieren.

Die Mensen könnten als Räume auch für andere Zwecke im Viertel genutzt werden und Schulen sich somit in den Raum hinein öffnen als auch verankern. Weitere Ideen sind willkommen!

Sponsoren, Bezirks- und Senatsverwaltung könnten die Entwicklung von ein, zwei Pilotprojekten unterstützen, europäische Fördergelder müssten sich finden lassen!

Denkpause oder Funkstille?

Derzeit herrscht Funkstille in der Arbeitsgruppe zur Neuordnung des Oberschulessens. Wir Eltern forschen weiter nach guten Lösungen. Mit allen Akteuren, die dazu bereit sind.

Unterstützen Sie uns!

Doris Fortwengel, Andrea Schwarz
Sprecherinnen der AG Oberschulessen des Landeselternausschusses Berlin (LEA Berlin)

Kontakt:  ag-schulessen@leaberlin.de

 

Als Ergängzung ein Beschluss des LEA Berlin vom September 2015, welcher bis heute auf eine Antwort wartet:

Die Eltern der LEA AG Oberschulessen fordern die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft (SenBJW) auf:

 die im Herbst 2014 von der Vernetzungsstelle Schulverpflegung begonnene Bestandsaufnahme zur Situation der Schulessenversorgung an den Oberschulen (Vorhandensein von Küchen und Mensen, Raumgrößen, Ausstattung, Pausenzeiten, Teilnehmerzahlen, …) fertig zu stellen und diese transparent für alle Beteiligten der weiteren Entwicklung zur Neuordnung des Oberschulessens zugrunde zu legen. Diese Abfrage soll jährlich aktualisiert und veröffentlicht werden.

Ohne eine vollständige und verlässliche Datengrundlage über die aktuellen Situationen an den Oberschulen und deren Analyse, lassen sich keine Konzepte zur Schulessensversorgung an den Oberschulen entwickeln.

  • in dem der Konzessionsvergabe vorgeschalteten Rückmeldebogen der Schulen verschiedene Optionen zuzulassen. Den Schulen soll damit ermöglicht werden, sowohl nach individuellen Lösungen (ggf. auch jenseits der DGE-Qualitätsstandards) zu suchen als auch mit Großcaterern zu kooperieren. In jedem Fall müssen den Schulen Unterstützungssysteme zur Verfügung gestellt werden.

Die Schulessenversorgung stellt für viele Schulen auf Grund der vorhandenen Begebenheiten eine große Herausforderung dar. Um dem Anspruch einer Schulessensversorgung gerecht werden zu können, muss es den Schulen möglich sein, individuelle Lösungen (z.B. Kochen vor Ort, ‚kleine‘ Vernetzungen mit OSZ’s/Nachbarschulen/anderen Einrichtungen, etc.) entsprechend der Begebenheiten vor Ort zu suchen. Damit dies gelingen und die Wahlfreiheit der Schulen umgesetzt werden kann, wird fachliche Unterstützung gebraucht.

  • langfristig die Subventionierung des Oberschulessens nach einem einfach gestaffelten Subventionssystem (vgl. dem Hamburger Modell) einzuführen. Kurzfristig ist für finanzielle Unterstützung einkommensschwacher Familien (knapp über der BUTGrenze) zu sorgen. Begleitend soll die Einführung einer ‚kleinen‘, preiswerteren Menülinie vorgenommen werden

Das Schulessen gehört zum heutigen Bildungsangebot und ist auf Grund der langen Schulzeiten und gesellschaftlichen Veränderungen unerlässlich. Daher muss auch die Teilnahme am Schulessen für alle finanzierbar sein, um eine soziale Ausgrenzung durch Nichtteilnahme zu verhindern und Chancengleichheit zu gewährleisten

  • Schulleitungen und Schülervertreter in die Entwicklung zur Neuordnung des Oberschulessens einzubinden und in diesem Sinn umgehend Gespräche zu führen, um deren Ergebnisse in die Ausschreibungsunterlagen zur Neuordnung einarbeiten zu können.

Um eine Akzeptanzsteigerung des Essens an Oberschulen und eine Umsetzbarkeit vor Ort im Schulalltag zu erreichen, müssen sowohl die Interessen von Schülern/-innen als auch der Schulleitungen in die Entwicklung einfließen.