„Naaaaaaa, freust du dich auf die Schule?“ Anne lächelte schüchtern. Sie wusste nicht so genau, was eine Einschulungsuntersuchung ist und warum sie komische Fragen gestellt bekam. „Du wirst ganz viele andere Kinder kennenlernen“, sagte die Frau. Ihre Mutter neben ihr war plötzlich zusammengezuckt. 800 – sind das viele oder wenige? „Wenn die Toiletten nicht so schön sind, dann trinke einfach weniger“. Irgendetwas war wirklich seltsam am Lächeln der Dame ihr gegenüber. Gegen Lärm helfe Oropax und regelmäßige Mahlzeiten schmeckten ohnehin zu Hause am besten. „Ich wünsche dir viel Freude in der…“ Den Rest hätte sie auch gerne gehört. Aber Mama musste ganz dringend etwas erledigen.
In den Klassen der Berliner Grundschulen sitzen zwischen 23 bis 26 Kinder. Geregelt ist das für die Schulanfangsphase, in den höheren Klassen dürfen auch mehr Schüler sein. Ausnahmen gelten für Lerngruppen in sogenannten Brennpunktgebieten mit einem hohen Anteil lernmittelbefreiter Kinder bzw. mit vielen Schülern mit Migrationshintergrund. Hier sollen die Gruppen zwischen 21 und 25 Kinder umfassen.
In den letzten Jahren, berichten Eltern aus Wedding, wurden die Höchstgrenzen immer mehr ausgereizt. Obwohl die Schulen des „GEV-Verbunds“ aus acht Weddinger-Schulen einen Anteil von Schülern mit nicht deutscher Herkunftssprache zwischen 70 und fast 100 Prozent liegt, lagen die Klassengrößen im Jahr 2014 bei 24 Schülern. 2016 war die Grenze von 25 bereits ausgereizt.
Dokumentiert ist dies in einem bemerkenswerten „alternativen Schulentwicklungsplan“, den die Eltern jetzt vorgelegt haben. Sie bezweifeln darin Berechnungen der Verwaltung, wonach ein einziger Schulneubau ausreicht, den Schülerzuwachs aufzufangen. Außerdem fürchten sie um die pädagogische Qualität des schulichen Angebots. Last but not least: Die Bedeutung der Grundschule für den Lernerfolg der Kinder auch in den weiterführenden Schulen werde unterschätzt.
Teil 2 am heutigen Heiligen Abend: Es ist so einiges kaputt in der Moabiter Grundschule. Die Fotos sprechen für sich.
Die Kinder stören sich jedoch vor allem an den stinkenden Toiletten, die teilweise sogar seit mehreren Jahren nicht mehr benutzbar sind. In ihrem Kummer und aus Ärger haben sie Gedichte geschrieben: Rückt gefälligst Geld für unsere Schule raus! Sonst gehen wir protestieren!
Schimmel an den Wänden, Regen in den Klassenzimmern, herunterfallende Deckenplatten, bröckelnder Putz, ein immer wieder zusammenbrechendes Stromnetz, zu kleine Mensa mit zuwenig Essensausgabestellen, ausfallende Heizungen – so beschreiben Eltern der Anna-Lindh-Grundschule in Mitte das Gebäude, in dem ihre Kinder täglich lernen.